Präzisionswaage für lebende Tiere ?

  • Hi @ll!

    Da ich in der Verhaltensbiologie arbeite, muss ich des öfteren kleine Tiere lebend wiegen, wie z.b. Fische oder Insekten. Im Labor verwende ich zu diesem Zweck eine alte Sartorius isoCAL.

    Nun möchte ich privat für kleinere private Experimente mit Tieren auch eine Waage kaufen. Es soll eine Präzisionswaage sein, der Wiegebereich soll idealerweise bis 1kg gehen (100-200g wären aber auch in Ordnung). Nach unten soll die Waage mindestens drei, besser vier, am besten fünf Stellen nach dem Komma eines Gramms anzeigen können.

    Jedoch ist das Hauptkriterium, dass die Waage mit lebenden, d.h., sich bewegenden Lebewesen zurecht kommt und die Skala nicht verrückt spielt.

    Im Falle von Fischen müssen sie in Wasser gewogen werden, darum sollte die Waage auch noch bei einer Beladung von ca. 100-150 g Wasser (als Nullwert genommen) noch genausogut präzise wiegen können.

    Investieren möchte ich nicht um die für eine Sartorius üblichen 2000-3000 Euro, sondern ein Niveau von 100 bis maximal 200 Euro.

    Darum nun meine Frage an euch:
    Gibt es in diesem Finanzbereich empfehlenswerte Präzisionswaagen für meinen Anwendungsbereich, und wenn ja, welche?

    Vielen Dank im Voraus für eure Hilfe!

    Gruss
    Denis

    PS: Beim Umgang von Waagen bzw. insbesondere deren Eichung bin ich noch ein ziemlicher Anfänger, habe bisher nur mit bereits geeichten, ortsstabilen Waagen gearbeitet. Wäre nett, wenn ihr diesen Umstand bei euren Erklärungen berücksichtigen könntet.

  • Hallo admin,

    danke für den Vorschlag.

    Ich habe mich schon damit abgefunden, dass es in meinem Preisbereich maximal 3 Nachkommastellen gibt. Sollte aber noch reichen. So weit, so gut. Was meinst du mit "Filter"?

    Habe an einer anderen Ecke auch etwas in meinem Budgetbereich gefunden (190 Euro), und zwar die Radwag WTB 200: http://www.radwag.pl/deutsch/1b_wtb.htm ( 200g Maximum)

    Bei Kern wäre für meine Zwecke und meinen Budgetbereich nur die folgenden Waagen zu haben:
    http://www.kern-sohn.com/de/shop/katalog-198.html 210 € 120 g Maximum
    http://www.kern-sohn.com/de/shop/katalog-139.html 220 € 40g Maximum

    Nun frage ich mich, was spricht für Kern und was für Radwag? Haben die Firmen einen guten/schlechteren "Ruf"?

    Die Kern-Waagen scheinen durchgängig mit Batterie betrieben zu sein. Ist das nicht schlechter als der Netzbetrieb, da die Akkuspannung schnell? nachlassen kann --> Waage muckt?

    Darüber hinaus stelle ich mir die Frage, wie ist das mit dem Kalibrieren/Eichen? Bei der Radwag z.B. steht "nicht eichfähig" ? Was heisst das? Ist die so ungenau, dass man sie nicht eichen darf? Muss ich so eine Waage selber kalibrieren? Brauche ich dazu spezielle Gewichte, die ich noch extra kaufen muss? Wieviele? Welches Gewicht?

    Danke für deine Hilfe!

    Gruss
    Denis

    • Offizieller Beitrag

    Für Radwag würde sprechen, das es ein Tierwägeprogramm hat, was gerade für deinen Gebrauch optimal wäre.
    Ich sage es mal so. Im Low Budgetbereich gibt es nicht so große Unterschiede zwischen den Waagen. Die eine kann das besser, die andere dies.
    Radwag ist auch kein schlechter Hersteller.
    Filter sind Einstellungen an den Waagen, die zb unruhige Umgebungsbedingungen herausfiltern können, um ein stabiles Gewicht angezeigt zu bekommen. So könntest Du auch bedingt auch Bewegungen von Tiere auf Waagen filtern.
    Alle Kernwaagen von deiner Liste können auch mit Batterie betrieben werden. Bei den beiden Waagen von Dir liegen aber auch Netzadapter bei.
    kalibrieren kann man alle Waagen, ein dementsprechendes Prüfgewicht vorausgesetzt.
    Das Prüfgewicht muss in diesem Preisspektrum meist selbst gekauft werden.
    Eichen kann man nur Waagen, wenn sie eine Zulassung haben. Ist aber im privaten Bereich nicht notwendig und Waagen mit einer Zulassung sind um einiges Teurer.

  • Danke für die Auskunft, admin.

    Habe gerade noch einen wichtigen Unterschied zwischen Radwag und Kern entdeckt: Radwag hat bei der Reproduzierbarkeit der Wiegeergebnisse 0,003g. Kern 0,001g. Wiege ich jetzt Tiere von einem Gewicht von 10 mg, kann ich bei Radwag von 7mg bis 13 mg alles angezeigt bekommen und bei Kern 9 mg oder 11 mg?
    Irgendwie alles sehr ungenau, scheint mir, wobei Kern noch besser abschneidet. Oder bezieht sich die Ungenauigkeit bei den Messungen nur auf Gewichte von jenseits 100g o.ä.? Was nimmt man für Gewichte, um die Wiederholbarkeit auszurechnen?

    ANderesseits haben die Kern-Waagen alle kein Tierwägungsprogramm (Erschütterungsfilter), erst ab 290 Euro kriegt man ein Tierwägungsprogramm im gewünschten Meßbereich: http://www.kern-sohn.com/de/shop/katalog-9.html Allerdings auch nur 40g Maximal-Wägebereich. Spielt ein Erschütterungsfilter für Tierwägungen eine große Rolle oder kann man drauf verzichten?

    Zum Kalibrieren der Waage: Was für ein Prüfgewicht braucht man da? Braucht man mehrere? Gibt es Hersteller, die für einen faireren Preis Prüfgewichte gleicher Qualität abgeben? Radwag (zu dem ich im Moment tendiere) ist Klasse M II und es gibt z.b. Prüfgewichte für diese Waagen (OIML F2 - Feingewichte - Prüfgewichte für genaue Präzisionswaagen und Laborwaagen der Klasse M II) für 35 Euro das Stück! an (und das auch für ein Popel-10 mg-Gewicht) Siehe hier:
    http://www.laborshop24.de/product_info.p…Zertifikat.html

    Habe aus einer anderen Quelle mal gelesen man bräuchte immer 2 Prüfgewichte. Und diese am besten im Bereich, den man wiegen möchte. Falls ich also Insekten mit 10-20 mg Gewicht wiegen will, brauche ich dann ein 10mg und ein 20 mg Prüfgewicht? Oder ein 1 mg Gewicht, damit die Waage die Unterschiede im mg-Bereich genauer anzeigen kann?

    Oder kann man auch mit einem 100g Prüfgewicht den gleichen Effekt erzielen?

    Bzw. wie genau geht das Kalibrieren? Legt man das Gewicht drauf und "sagt" der Waage, wieviel das jetzt wiegt. Oder muss man vorgegebene Gewichtsgröße drauflegen?

  • Hi Denis,

    aalso ganz zu Anfang mal die 3 "Grundbegriffe", die die Meisten Kunden vertauschen:


    Kalibrieren: Qualifizierung eines Messgerätes. Konkret bei einer Waage: Du legst ein beliebiges Gewicht auf und vergleichst die Anzeige mit dem realen Gewichtswert (den du natürlich kennen musst)

    Justieren: Wurde bei der Kalibrierung eine zu hohe Abweichung der Waage festgestellt, kannst du sie mittels eines ausreichend genauen Gewichtes justieren und dadurch die Abweichung eliminieren.
    Der genaue Vorgang ist von Waage zu Waage unterschiedlich. Meistens
    wird dazu ein fest vorgegebenes Gewicht benötigt, welches im oberen Messbereich der Waage liegt (min 2/3 Wägebereich)

    Eichen: Kann NUR der Eichbeamte! Ist aber auch nur gefordert, wenn über die Waage Dinge verkauft werden (Wenn sie also sozusagen den Preis bestimmt). Es ist im Grunde soetwas wie eine "hochoffizielle, behördliche Kalibrierung"
    Nach der Eichung wird das Gerät mittels Eichsiegel vor Manipulation gesichert. Ist ein Siegel beschädigt, darf die Waage nicht mehr im eichpflichtigen Verkehr eingesetzt werden!


    Was deine Waagen angeht:
    Also mit Kern habe ich persönlich nicht die dollsten Erfahrungen gemacht. Aber ich muss dazu auch sagen, dass ich ein "verwöhntes Kind" bin, welches nur Mettler, Sartorius, Bizerba kennt.
    Von Radwag habe ich noch nichts gehört.

    Generell kann ich dir aber den Tipp geben: Kauf dir lieber eine etwas hochwertigere 3- oder 4-stellige Waage, als eine "billige" 5-Stellige!
    Und wenn du lebende Tiere abwiegst, wirst du meiner Meinung nach selbst bei kleinen Exemplaren nicht um entsprechende Software-Filter herumkommen!
    Denn was nützt dir eine gute Feinwaage, die dann bei jedem Flossenschlag und Wasserschwappen im Glas 10-50 Digit wegläuft.

    Zu den Gewichten: Also ab 4-Stellen würde ich schon zu E2 raten, darunter zu F1.
    Klar, die sind teuer, aber du willst ja auch genau arbeiten!?

    Zur Gewichtsauswahl: Wenn du selbst Kalibrieren / Justieren willst, mache dich vorher schlau welches Gewicht deine zukünfitge Waage dazu verlangt.
    Ansonsten empfehle ich ebenfalls die "2-Gewicht-Methode":

    Das erste Gewicht sollte im Bereich deiner Tara liegen (z.B. 100g)
    und das Zweite ungefähr im Bereich deiner Probe (z.b. 2g)

    nun kannst du folgedene Punkte prüfen:

    0g / 2g / 100g/ 102g

    das ist schon ganz ordentlich und auch finanzierbar.

    Hoffe ich konnte helfen,

    Kasi

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Von Radwag habe ich noch nichts gehört.


    Kein Wunder, den die Firma spielt in Deutschland nur eine geringe Rolle.
    Die Firma Radwag kommt und Produziert ihre Waagen in Polen und sind dort eher bekannt als hier.
    Radwag ist etwa mit der Waagenfirma AXIS ( kennt hier auch kaum jemand) zu vergleichen.

    Bei Kern ist auch nicht alles Gold was Glänzt, das gebe ich zu und das eine Sartorius, Mettler oder Ohaus usw besser sind brauchen wir hier nicht zu diskutieren.
    Wobei es auch bei Kern sehr gute Waagen gibt und diese sind auch teilweise Baugleich mit Sartorius Waagen.
    Der Preis spielt eine Rolle und für 200 € bekommt man keine Sartorius :D

  • Danke für eure Meinungen,

    jedoch sind noch 3 Fragen offen:

    1. wie oben genannt die praktische Anwendung des Begriffes "Reproduzierbarkeit der Wiegeergebnisse". Wie habe ich die Werte zu verstehen? So wie ich oben erklärt habe?

    2. Du redest von Software-Filtern. Meinst du damit in die Waage integrierte Software ("Tierwägeprogramm") oder dass man die Waage an den PC anschließen soll und dort ein Wiegeprogramm mit Softwarefilterung startet? Gibt es sowas?

    3. Die bereits verlinkten Waagen können alle mindestens 0,001g anzeigen und sind Klasse MII und brauchen daher angeblich F2-Gewichte. Meinst du, ich soll stattdessen E2-Gewichte nehmen? Oder F1?

  • @ Admin: mit "hol dir lieber eine gute 3stellige Waage" habe ich auch nicht zwingend eine von Sartorius, Mettler oder Co gemeint. Natürlich bringen Waagen von Kern auch gute Ergebnisse zur Anzeige und bei einem Limit von 200€ brauchen wir auch gar nicht über andere Hersteller nachdenken =)

    @ Denis:

    Zitat aus meiner Literatur:

    Reproduzierbarkeit

    Ausmass der Annäherung zwischen den -> Messwerten derselben ->Messgröße, wobei die einzelnen Messungen bei unterschiedlichen Bedingungen durchgeführt werden, so etwa bezüglich
    - der Messverfahrens
    - des Beobachters
    - der Messeinrichtung
    - des Messortes
    - der Anwendungsbedingungen
    - des Zeitpunktes

    Anmerkung:
    1. Die Reproduzierbarkeit erfordert die Angabe der unterschiedlichen Bedingungen
    2. Die ->Standartabweichung der Messwerte ist ein geeignetes Mass, um den Wert der Reproduzierbarkeit anzugeben.
    (Dagegen ->Wiederholbarkeit)
    3. Fähigkeit einer, bei wiederholten Wägungen desselben Objektes bei veränderten Bedingungen übereinstimmende Messwerte anzuzeigen. Es ist anzugeben, welche Bedingungen verändert wurden, so z.B. Bediener, -> Wägeverfahren, Position auf dem ->Lastträger, ->Aufstellort, ->Umgebungsbedingungen oder unterbrochene Durchführung.

    QUELLE: "Wägelexikon - Leitfaden wägetechnischer Begriffe"
    Seite 185
    ISBN 978-3-540-75907-2


    Zu den Software-Filtern: Die heutigen Waagen ermitteln die Messergebnisse analog, digitalisieren sie und bringen sie erst nach einer Aufbereitung zur Anzeige.
    Diese Aufbereitung erfolgt durch verschiedene Formeln. So gibt es zum Beispiel einen Filter gegen "Zugluft", der nichts anderes macht als anstatt jeden Wert direkt weiterzuleiten 3 oder mehrere Messzyklen "sammelt" daraus den Mittelwert bildet und diesen Wert dann zur Anzeige bringt.
    Das Ergebnis ist eine etwas trägere, aber bei widrigen Verhältnissen genauere Anzeige.

    Und das Tierwägeprogramm funktioniert im Grunde ähnlich:
    (was es im Genauen macht, habe ich allerdings noch nicht herausgefunden)
    Bei den meisten Waagen, die ich kenne funktioniert es so:
    Du legst ein Tier auf die Waage und wenn der Anzeigewert nur noch innerhalb vorher festgelegter Toleranzen schwankt (verursacht durch die Tierbewegung), sammelt die Waage selbstständig 20 oder mehr Messwerte, wobei Ausreißer durch ruckartige Bewegung außen vor gelassen werden.
    Diese Werte werden dann ebenfalls wieder mit einer Formel verrechnet und du bekommst einen recht genauen Wert als Ergebnis präsentiert.

    Zu den Gewichten:
    Natürlich gilt: Je genauer, desto besser.
    Such am Besten mal nach "OIML Gewichtstoleranzen" im Internet.
    Ich hab die Tabelle nicht im Kopf. Aber da gibt es für jede Gewichtsklasse und jedes Gewichtsstück die zulässigen Abweichungen.
    Dann kannst du ja selber ausrechnen, wie genau deine Gewichte sein müssen, damit sie keinen Einfluss auf das Messergebnis haben (i.d.R. < 1/3 digit)

    Gruß,
    Kasi

    • Offizieller Beitrag

    Üblicherweise werden 5-10 Wiederholungen durchgeführt.
    Dabei wird das gleiche Objekt (zb Prüfgewicht) auf die gleiche Weise, bei unveränderten Bedingungen aufgelegt.
    Dabei wird nach OIML vorgegeben, das der gleiche Bediener nach demselben Wägeverfahren, an derselben Position auf dem Lastträger, am gleichen Aufstellort, bei konstanten Umgebungsbedingungen und ohne Unterbrechung durchgeführt wird.
    Bei der Wiederholungsprüfung spielt nicht nur die Qualität der Waage eine Rolle, sondern auch Umgebungsbedingungen (Luftzug, Temperaturschwankungen, Vibrationen usw.)

  • Hört sich alles sehr interessant an.

    Gibt es ein Standardgewicht für die Reproduzierbarkeit? Entspricht es dem Maximum einer Waage?

    Denn bei vielen Waagen steigen die Abweichungen proportional zu verwendetem Gewicht bis hin zum Maximum der Waage. 100 +- 0,003 g wäre im Normalfall nahezu irrelevant, jedoch 0,01 +- 0,003 g spielt eine viel bedeutendere Rolle.

    Wäre interessant zu wissen, was laut OIML für das Gewicht für die Reproduzierbarkeit vorgegeben ist.

    Weiss das vielleicht jemand von euch?

  • Hallo Denis,

    du kannst auch mal ebay abklappern. Manchmal läßt sich dort für weniger als dein geplantes Budget schon eine gute Sartorius oder ähnliches abstauben.

    Kasi,

    Berlin ?

    Gruß Lothar

    Fräulein,
    kann ich bei ihnen auf der Wiege etwas waagen ?